
Die Welt braucht mutige Menschen an vorderster Front, aber auch sie brauchen Fürsorge.
Das TuWas-Programm für Erholung und Auszeit findet derzeit in europäischen Städten wie Berlin und Brüssel statt. Diese Wahl ist durch die materiellen Bedingungen, rechtlichen Rahmenbedingungen und Netzwerke geprägt, die der Heinrich-Böll-Stiftung zur Verfügung stehen. Obwohl Europa relativ einfache Bedingungen für die Durchführung solcher Programme bietet, sind wir uns bewusst, dass es weit davon entfernt ist, ein neutraler oder universell sicherer Ort zu sein – insbesondere für rassifizierte, queere und transsexuelle Menschen aus dem Globalen Süden. Europa hat seine eigene Geschichte kolonialer Gewalt, ausgrenzender Politik und systemischer Ungleichheiten, die die Erfahrungen derjenigen, die hierherkommen, weiterhin prägen. Diese Geschichten spiegeln die vorübergehende Erleichterung und die reflektierende Distanz wider, die die Teilnehmenden in dieser komplexen Realität gefunden haben. Es geht nicht darum, ein romantisiertes Bild von Zuflucht zu zeichnen, sondern einen Raum, in dem Ruhe unter unvollkommenen Bedingungen möglich wurde. Wir reflektieren weiterhin kritisch über die Dynamiken, die hier am Werk sind, und freuen uns darauf, sicherere und gerechtere Räume für alle Teilnehmenden zu schaffen.
Spenden Sie jetzt: IBAN DE41 4306 0967 1154 4708 00, Verwendungszweck: „Spende Menschenrechtsverteidigung“
Geschichten von Menschen, die bisher am Rest and Respite Programme teilgenommen haben:
J. ist eine 30-jährige kurdische Psychologin und Menschenrechtsverteidigerin in der Türkei. Ihre Arbeit verbindet Gerechtigkeit und Heilung, sei es durch die Dokumentation von Misshandlungen in Gefängnissen, die Verteidigung der Rechte von Gefangenen oder die Schaffung von Ressourcen für die psychische Gesundheit in einer Sprache, die lange Zeit keine offizielle Anerkennung fand. Für viele marginalisierte und rassifizierte Gemeinschaften in der Türkei ist J.s Arbeit eine Lebensader. Ende 2024 nahm sie am TuWas Rest and Respite Programme in Berlin teil. Sechs Wochen lang konnte sie sich von dem ständigen Druck und der Überarbeitung lösen und stattdessen ruhige Spaziergänge, kulturelle Entdeckungen und tiefe Erholung genießen. Sie erzählt, dass es ihre erste längere Auszeit seit Jahren war, eine seltene Pause, die ihr Raum gab, über ihre Identität, ihren Lebenszweck und die emotionalen Kosten ihres Engagements nachzudenken. Sie kehrte ausgeruht und voller neuer Energie nach Hause zurück und entdeckte die Bedeutung von Ruhe als Akt der Fürsorge für sich selbst und andere und wie diese Teil des Widerstands ist. Sie glaubt, dass Ruhe kein Rückzug ist, sondern genau das fehlende Element, was das Weitermachen möglich macht. Mit ihren eigenen Worten: „In der Türkei kämpfen alle ständig, jeden Moment, in jeder Hinsicht. Durch die Struktur des R+R-Programms in Berlin fand ich Ruhe, Sicherheit und den Raum, einfach zu sein. Es hat mich daran erinnert, dass Erholung nicht egoistisch ist. Es ist Überleben. Und jeder Aktivist, den ich kenne, braucht diese Chance, anzuhalten, durchzuatmen und wieder zu sich selbst zu finden.“